012 - Die geheimnisvolle Insel 2 by Jules Verne
Autor:Jules Verne [Verne, Jules]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-04-11T00:00:00+00:00
Abfertigung eines Postboten wider Willen.
Eines Tages fühlte sich Gédéon Spilett dadurch zu den Worten veranlaßt:
»Doch sagen Sie mir, lieber Cyrus, läuft diese ganze industrielle und kommerzielle Bewegung, deren zunehmendes Wachstum Sie für gesichert halten, nicht früher oder später Gefahr, vollständig aufgehalten zu werden?«
»Aufgehalten? Und wodurch?«
»Durch den Mangel an Kohle, welche man mit Recht das köstlichste Mineral nennen könnte.«
»Oh, gewiß, das köstlichste«, antwortete der Ingenieur, »auch scheint es die Natur durch Erschaffung des Diamanten, der ja nur aus kristallisierter Kohle besteht, noch besonders haben bestätigen zu wollen.«
»Sie wollen damit doch nicht sagen, Herr Cyrus«, meldete sich Pencroff, »daß man unter den Dampfkesseln an Stelle der Steinkohle einst Diamanten verbrennen werde?«
»Nein, mein Freund«, erwiderte Cyrus Smith.
»Doch bleib’ ich bei meiner Ansicht«, fuhr Gédéon Spilett fort. »Sie widersprechen gewiß nicht, daß die Kohle eines Tages aufgezehrt sein wird?«
»Heutzutage sind die Vorräte noch sehr beträchtlich, und 100.000 Arbeiter, die jährlich hundert Millionen metrische Zentner davon ausbringen, vermögen sie noch nicht zu erschöpfen!«
»Bei dem wachsenden Steinkohlenverbrauche«, antwortete Gédéon Spilett, »ist aber leicht vorauszusehen, daß sowohl diese 100.000 Arbeiter, als die jetzige Ausbeute sich bald verdoppeln werden.«
»Ohne Zweifel; sollten indes die Steinkohlenlager Europas, welche übrigens durch vervollkommnete Maschinen auch noch in größerer Tiefe auszunutzen sind, zu Ende gehen, so liefern die von Amerika und Australien noch lange Zeit den Bedarf der Industrie.«
»Wie lange etwa?« fragte der Reporter.
»Mindestens zweihundertfünfzig bis dreihundert Jahre.«
»Das ist zwar für uns beruhigend«, meinte Pencroff, »aber nicht gerade für unsere späteren Nachkommen.«
»Bis dahin findet sich ein Ersatz«, sagte Harbert.
»Das muß man hoffen«, fiel Gédéon Spilett ein, »denn ohne Kohlen gäbe es keine Maschinen mehr, ohne solche keine Eisenbahnen; keine Dampfschiffe, keine Werkstätten, überhaupt nichts mehr, was der moderne Kulturfortschritt verlangt.«
»Doch was könnte man wohl finden?« fragte Pencorff, »haben Sie darüber eine Ansicht, Herr Cyrus?«
»Eine oberflächliche, ja, mein Freund.«
»Nun, was wird an Stelle der Kohle zum Brennen dienen?«
»Das Wasser«, antwortete Cyrus Smith.
»Das Wasser!« rief Pencroff erstaunt; »das Wasser, um Dampfschiffe und Lokomotiven zu treiben, Wasser, um damit Wasser zu erhitzen?«
»Jawohl, doch das in seine Elementarbestandteile zerlegte Wasser«, belehrte ihn Cyrus Smith, »zerlegt durch Elektrizität, die bis dahin zur mächtigen und leicht verwendbaren Kraft erwachsen sein wird, denn alle großen Erfindungen scheinen infolge eines unerklärlichen Gesetzes sich zur selbigen Zeit zu ergänzen. Ich bin davon überzeugt, meine Freunde, daß das Wasser dereinst als Brennstoff Verwendung findet, daß Wasserstoff und Sauerstoff, die Bestandteile desselben, zur unerschöpflichen und bezüglich ihrer Intensität ganz ungeahnten Quelle der Wärme und des Lichtes werden. Der Tag wird nicht ausbleiben, wo die Kohlenkammern der Steamer und die Tender der Lokomotiven statt der Kohle diese beiden Gase vielleicht in komprimiertem Zustande mitführen werden, welche unter den Kesseln eine enorme Heizkraft entwickeln. Keine Furcht also! Solange diese Erde bewohnt ist, wird sie den Bewohnern das Nötige liefern, und nie wird es ihnen an Licht und Wärme fehlen, so wenig wie an den Erzeugnissen des Pflanzen-, Stein-, und Tierreiches. Ich glaube also, daß man, wenn unsere jetzigen Kohlenschächte einmal erschöpft sein werden, mit Wasser heizen wird. Das Wasser ist die Kohle der Zukunft.«
»Das möchte ich miterleben«, sagte der Seemann.
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